Widmann-Mauz MdB: Persönliche Erklärung zur Suizidhilfe – Lebenshilfen in den Vordergrund rücken
Der Deutsche Bundestag entscheidet am Donnerstag über den Umgang mit dem sogenannten „assistierten Suizid“. Zur Wahl stehen dabei zwei Gruppenanträge, die fraktionsübergreifend erarbeitet wurden. Zu diesem wichtigen Thema erläutert die Tübinger Bundestagsabgeordnete Annette Widmann-Mauz MdB ihr Abstimmungsverhalten:
„Niemandem fällt es leicht, sich mit dem Thema Suizid auseinanderzusetzen. Gleichwohl sind wir als Bundestagsabgeordnete gefordert, verbindliche, klare Regeln im Umgang mit der Suizidhilfe aufzustellen. Dazu hat uns zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht aufgefordert. Im Kern geht es um den Ausgleich zwischen zwei bedeutsamen Schutzgütern: dem Schutz des Lebens einerseits und dem Schutz der Selbstbestimmung und damit auch des Rechts auf ein selbstbestimmtes Sterben andererseits. Aus meiner langjährigen Verantwortung in der Gesundheitspolitik und als Mitglied des Stiftungsrats der Deutschen Hospiz- und Palliativstiftung ist mir besonders wichtig: Der assistierte Suizid darf nicht zur gesellschaftlichen Normalität werden. Suizidgedanken sind zumeist volatil, schwanken und entspringen dem Wunsch nach der Beendigung einer Lebenssituation, die als unerträglich empfunden wird. Es ist und bleibt für mich daher essenziell, dass Menschen in solchen Krisensituationen schnell und niedrigschwellig Hilfe finden. Hilfe, Beratung und menschliche Nähe müssen immer die Chance haben, den Lebenswillen jedes und jeder Einzelnen zu stärken.“
Annette Widmann-Mauz ist daher Mit-Erstunterzeichnerin des Antrags „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung“ (BT-Drs. 20/904) zusammen mit dem Antrag „Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen“: „Ich stehe für diesen Vorschlag, da er zwar den assistierten Suizid – wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt – ermöglicht, ihn aber nicht fördert. Die geschäftsmäßige, also eine organisierte, auf wiederholte Hilfe zur Selbsttötung angelegte Tätigkeit, bleibt nur unter der Voraussetzung erlaubt, dass ein Schutzkonzept aus psychiatrischen und psychotherapeutischen Untersuchungen eingehalten wird. Dieses sieht Gutachten und Wartefristen vor, um sicherzustellen, dass der Suizidwunsch auch tatsächlich dauerhaft und selbstbestimmt ist. Halten sich Anbieter geschäftsmäßiger Sterbehilfe nicht an diese Vorgaben, machen sie sich strafbar. Assistierter Suizid ist damit unter Rahmenbedingungen möglich, die Transparenz und Rechtsklarheit schaffen. Kriminalisiert wird dagegen, Menschen, gar aus wirtschaftlichem Interesse, zum Suizid zu verleiten. Für wichtig erachte ich auch mit Blick auf die Arbeit von Hospizen und Pflegeheimen, dass wir in unserem Gesetzentwurf Schutzräume vorsehen: Träger von Diensten und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sind grundsätzlich nicht verpflichtet, an einem Suizid mitzuwirken oder dessen Durchführung in ihren Räumlichkeiten zu dulden.“
Selbstbestimmtes Sterben sei ohne eine wirksame Suizidprävention nicht denkbar, betont Widmann-Mauz weiter: „Suizidbeihilfe darf nicht einfacher und leichter erreichbar sein als andere Hilfen. Deswegen verbinden wir den Gesetzentwurf zur Suizidhilfe mit einem Antrag zur Stärkung der Suizidprävention: Statt neuer Beratungsstellen in Verantwortung der Bundesländer wollen wir die bestehenden funktionierenden Strukturen stärken und ausbauen. Palliativmedizinische Angebote, niedrigschwellige Sucht- und Schuldnerberatung sowie andere Therapieangebote müssen für eine abgewogene Entscheidung mindestens gleichrangig zur Verfügung stehen.“