Junge Union: Schnellstmöglich handeln, um die Attraktivitäts- und Beförderungsziele im ÖPNV zu erreichen
„Meine Damen und Herrn, der ICE nach Frankfurt Main fährt abweichend am Bahnsteig gegenüber ein.“ Dieses Zitat aus dem Wise Guys Song „Deutsche Bahn“ bekommt man auch im Ländle des Öfteren zu hören, dann jedoch in abgewandelter Form – auf Regionalzüge und das Reiseziel Stuttgart oder von dort ausgehende Verbindungen. Dabei ist man in der Regel bereits froh, wenn überhaupt ein Zug und im besten Fall der Gewünschte kommt.
Jedoch ist Bahnfahren und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die meisten Menschen kein Spaß, sondern tägliches Übel, um in deren Abhängigkeit auf die Arbeit, in die Schule oder an andere Orte zu kommen. Verkehrsminister Winfried Hermann verfolgt als zentrales Ziel des Klimaschutzes die Verdopplung der Fahrgäste im ÖPNV in Baden-Württemberg bis 2030 gegenüber 2010. Doch wie die Slogans der Bahn bereits seit einiger Zeit nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen, klaffen auch hier politische Zielsetzung und Praxis auseinander. Insbesondere bei der Verbindung Tübingen-Stuttgart und vice versa kommt es regelmäßig zu Zugausfällen aufgrund von Personalmangel und Krankheit. Die infolge von Werkstattproblemen limitierten sich im Einsatz befindenden Züge können aufgrund ihrer Überbesetzung an Fahrgästen nur eine geringe Abhilfe schaffen und die Verpachtung ebenjenes Streckenzugs an Abellio schadete dem Bahnbetrieb noch mehr. Der zwischenzeitlich insolvente Betreiber Abellio wurde 2022 mit der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) in Landeshand gegeben. Aus dieser vor dem damaligen Hintergrund durchaus richtigen Verantwortungsübernahme konnte jedoch ebenso kein zuverlässiger Betrieb auf dieser Strecke erwachsen, sodass das Land seit Mitte des Jahres aufgrund fehlender Effizienz auf der Suche nach einem neuen Pächter ist. All dies schadet nicht nur der Attraktivität der Schiene, sondern erschwert es den Menschen im Ländle zunehmend, sich für dieses Transportmittel zu entscheiden, geschweige denn zu begeistern.
Die Zielsetzung der Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV, um den Klimaschutz und die Verkehrswende voranzutreiben, wird ebenso auf Bundesebene verfolgt. So wurden beispielsweise die Regionalisierungsmittel um eine Milliarde Euro in diesem Jahr erhöht. Doch die Verbesserung des ÖPNV, welche sich die Ampel-Parteien auf ihre Agenda geschrieben haben, scheitert offensichtlich an ihren regionalen Bundestagsabgeordneten, welche nicht in der Lage sind, die bereitgestellten Mittel zur Verbesserung der Situation einzusetzen.
Denn wenn die Ampel-Parteien den „Bahnausbau“ und der Förderung deren Infrastruktur weiterhin stiefmütterlich behandeln werden die sehr ambitionierten Ziele trotz gemeinsamer Kraftanstrengung von Land sowie Stadt- und Landkreisen als Aufgabenträger des ÖPNV nicht erreicht werden. Damit sich der momentane Anteil des Schienenverkehrs in Deutschland am Personenverkehr von circa 6 Prozent vergrößert, muss der ÖPNV möglichst günstig und zugleich maximal zuverlässig sein. Hierfür benötigt es eine entsprechende Förderung und im Schritt zuvor eine dahingehende Prioritätensetzung im Bundeshaushalt. Das 9 sowie 49 Euro Ticket konnten vielleicht dem ein oder anderen Einblicke in den ÖPNV geben. Während 26 Prozent der Bürger auf einen langfristigen Effekt auf den ÖPNV dadurch hoffen, verneinen jedoch 55 Prozent dies. Vielmehr schaden genau diese Angebote dem ÖPNV, da hierdurch Milliarden Euro in Ticketsubventionen und nicht in die Verbesserung des ÖPNV fließen. Auch die von Berlins Grünen-Fraktionschef Werner Graf vorgeschlagene neue Art der Abwrackprämie, mittels derer man bei Abgabe seines Autos drei Jahre lang das Deutschlandticket erhält, wird den privaten Pkw als beliebtestes Verkehrsmittel der Deutschen nicht von seinem hohen Thron stoßen können. Wir fordern die Bundestagsabgeordneten der Regierungsfraktionen auf, sich für Ihre Region hinsichtlich der Förderung des ÖPNV, den eine Vielzahl der Wähler täglich erleben dürfen, einzusetzen, um eine dauerhafte, zuverlässige Versorgung sicherzustellen. Ebenso gilt es für eine stabile, schnelle WLAN-Verbindung im ÖPNV zu sorgen – schließlich leben wir nicht mehr im 20. Jahrhundert. Angesichts der schwerwiegenden grundsätzlichen Probleme im ÖPNV stellt dies wahrscheinlich das letzte zu erfüllende und in weiter Ferne liegende i-Tüpfelchen dar.