CDU Kreisverband Tübingen

Kreistagsfraktion: Haushaltsrede von Eugen Höschele

Zur Haushaltsdebatte im Kreistag

Im folgenden findet sich die Haushaltsrede von Eugen Höschele für die CDU-Fraktion im Kreistag Tübingen, gehalten im Rahmen der Haushaltsdebatte am 14.12.

Sehr geehrter Herr Landrat Walter,
meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,
meine Damen und Herren,

ein Jahr zwischen Bangen und Hoffen, zwischen Ohnmacht und Orientierungslosigkeit, neigt sich dem Ende zu.
Wir treffen uns wieder im Kreistag wie jedes Jahr und debattieren über unseren Haushalt.

Ist es wirklich wie jedes Jahr?
Nein, ist es nicht!

Wir leben mit einem Krieg mitten in Europa, wir sind immer noch Corona-geschädigt oder zumindest gefährdet und wissen nicht wirklich, wie es mit diesen großen Herausforderungen im Jahr 2023 weitergeht.

Trotzdem sind uns in Deutschland die Moral und oft auch die Ideologie wichtiger als die unvoreingenommene Analyse der Wirklichkeit.
Wir brauchen dringend wieder ein Bewusstsein für das wirklich Wichtige, das uns auch in Zukunft hoffentlich wieder in Frieden und Wohlstand leben lässt.

Europäische Entscheidungen bestimmen unser aller Leben, Entscheidungen des Bundes und des Landes, oft weit weg von uns, der kommunalen Familie, in Kreis, Städten und Gemeinden.
Wir von der CDU sehen die kommunale Familie als Basis der Gesellschaft, die Sinn, Substanz und Werte sichert.
Durch die verschiedenen Krisen, eigentlich schon seit 2008, sind große Veränderungen im Leben der Menschen, ihrer Lebensgestaltung eingetreten, und wir sind gefordert, für Zusammenhalt trotz Polarisierungen, Krisen und Konflikten zu sorgen.
Wir sind gefordert, Sicherheit zu geben und Heimat zu gestalten – und gleichzeitig Freiheit im Rahmen der Gesetze zu sichern.

Wir sind durch die vielen Krisen an einem Punkt angelangt, wo die Gesellschaft, wo jeder Einzelne selbst die Herausforderungen annehmen muss. Dazu müssen wir aber auch teilweise unsere Einstellung ändern. Wir dürfen nicht alles vom Staat erwarten. Dessen Möglichkeiten, auch die finanziellen, sind begrenzt, gerade auch die der Kreise, Städte und Gemeinden.
Nur gemeinsam, als Individuen, als Zivilgesellschaft und auch als Staat, finden wir für die drängenden Probleme unserer Zeit Lösungen.
Was können wir in unserem Rahmen tun?
Zum Beispiel: prüfen, ob die Standards, die wir einfordern, noch zeitgemäß, also noch angemessen sind. Dazu braucht es unvoreingenommene, tabufreie Diskussionen und offene Diskurse.
Der Staat: Das sind nicht zuletzt auch die Landkreise, die Städte und Gemeinden.
Von hier aus kann ein Umdenken kommen, eine neue Dynamik entstehen.

Und wir müssen in Zukunft noch mehr prüfen, wo und wie wir Prioritäten setzen. Das gilt etwa für…
-    den Klimaschutz und unsere regionale Mobilität, die Regionalstadtbahn aber auch die B 27, bei der durch unsägliche Verzögerungen beim Ausbau zwischen Tübingen und Bad Sebastiansweiler immer noch nicht begonnen wurde. Wer auch immer dafür Verantwortung trägt, sollte sich dieser Verantwortung auch bewusst sein. Trägt schwer.
Durch viele finanzpolitische Entscheidungen, die gar nicht oder zu spät getroffen wurden, ist die Gefahr virulent, dass wir im kommenden Jahr 2023 in eine tiefe Rezession rutschen.

Deshalb ist unumgänglich, dass wir eine Deregulierung des Industriestandorts Deutschland, gerade auch in Baden-Württemberg, anstreben.
Wobei ich beim Thema Bürokratie bin.

Es ist bei uns doch inzwischen System geworden, alle und alles zu regulieren.
Bund und Land, nicht erst seit 2021 aber seit 2021 verstärkt, bauen eine unüberschaubare Bürokratie auf, die uns, der Gesellschaft, nicht guttut.

Ob beim privaten Bauen, in der öffentlichen Infrastruktur oder im sozialen Bereich, die Vorschriften wachsen und gedeihen.
Jede und jeder kann mitreden und im Zweifel erst mal dagegen sein. Das Dagegensein ist auch eine Folge der Verunsicherung, die die Gesellschaft zunehmend erfasst hat.
Ulrich Wickert sagte einmal:
„Es ist ein Jammer dass der Dumme so selbstsicher ist und der Kluge so voller Zweifel“

Wir müssen von unserer kommunalen Ebene aus verstärkt ins Land rufen und auch mit der Bahn nach Berlin fahren und klarmachen, was geht und wo die Grenzen der Eingriffe in Prozesse und Lebenszusammenhänge erreicht sind.
Bei dieser Gelegenheit spreche ich ausdrücklich dem Landkreistag und dem Baden-Württembergischen Gemeindetag meine Anerkennung für ihr Wirken in diesem Kontext aus.
In diesem Zusammenhang kann durchaus daran erinnert werden, dass das Land Baden-Württemberg seine genuinen Aufgaben auch selbst finanzieren muss und eigene Pflichten nicht einfach auf die kommunale Ebene abwälzen darf.
Auch darüber wird heute sicher noch zu diskutieren sein.

Nun zum Haushalt 2023:

Die CDU-Fraktion beantragt, einmalig einen Sondertopf einzurichten über 350.000.- €.
Diese Mittel sollen für Institutionen, Vereinigungen und Vereine zur Verfügung stehen, die in einem Verhältnis zum Landkreis stehen und die durch Energie, Corona oder Kriegsauswirkungen finanzielle Problem bekommen. Diese sollen antragsberechtigt sein.

Das Verfahren, das wir vorschlagen, sieht so aus:
•    Ein Nachweis muss geführt werden.
•    Der Kreistag setzt eine Kommission ein.
•    Die Kommission trifft sich in den ersten beiden Monaten 2023 und berät über das Antragsverfahren.
•    Anträge sollen bis Ostern eingereicht werden, und die Kommission entscheidet in einer Sitzung über die Gewährung von Mitteln als Vorschlag an den Kreistag.

In diesem Zusammenhang muss plausibel nachgewiesen werden, dass durch Corona-Beschränkungen Veranstaltungen, Aktionen, Maßnahmen nicht oder nur in deutlich reduzierter Form stattfinden konnten und durch nicht abwendbare Fixkosten Belastungen entstanden sind.
Es muss deutlich gemacht werden, dass durch Corona-Beschränkungen Mehraufwendungen entstanden sind, die nicht durch andere Hilfsprogramme ausgeglichen werden konnten.
Weiterhin kommen gemäß diesem Vorschlag in Frage:

•    Durch den Krieg sind mehr als 20% neue Menschen auf bestimmte Freiwilligkeitsleistungen angewiesen. Diese konnten entweder nicht aufgenommen werden oder die Aufnahme hat zu erheblichen Mehrbelastungen geführt.

•    Die Energiepreise sind für die Vereine oder Institutionen sind um mehr als 25 % gestiegen. Andere Programme stehen nicht zur Verfügung. Einschränkungen in den Programmen wären die Folge.

Vor einer Inanspruchnahme muss jedoch geprüft werden, ob entsprechende Rücklagen zur Verfügung stehen würden, deren (teilweise) Auflösung zumutbar wäre.

Neben den Vereinen und Institutionen im Bereich der Freiwilligkeitsleistungen spielen für die Gesellschaft und deren Zusammenhalt diejenigen Vereine eine zentrale Rolle, die im Sport, der Musik und der Kultur insgesamt aktiv sind.
Diese Vereine im Besonderen sowie gesellschaftsstärkende Infrastruktureinrichtungen wie z.B. Schwimmbäder, Theater oder Museen, sind der unerlässliche Kitt, der für Zusammenhalt sorgt und Zukunft eröffnet.

Dazu brauchen die Städte und Gemeinden finanzielle Spielräume.
Spielräume im Sozialen, in der Kinderbetreuung, für Kindergärten, aber beispielsweise auch für die Erschließung und den Unterhalt von Arealen und Flächen für unsere hervorragenden Handwerksbetriebe und unsere teilweise weltmarktführende Industrie.
Denn dort wird Wertschöpfung betrieben und werden Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen.
Die Kommunen müssen Finanzen auch für ihre Innenstädte oder Gemeindeplätze einsetzen.
Innenstädte und Zentren der Gemeinden spiegeln die Lebendigkeit der Gesellschaft in den Kommunen wider. Dort sind Handel und – ganz bedeutend die Gastronomie – zu hegen und zu pflegen. In der Gastronomie, z. B. am Stammtisch, ist die Realität zu Hause. Die Menschen kommunizieren.

Wir sind gut beraten, wenn wir im Kreistag Themen mit auf Dauer ausgerichteten finanziellen Belastungen, die nicht elementar nötig sind, bis auf Weiteres zurückstellen.
Es ist ein Glücksfall, dass die Verwaltung uns nochmals deutliche Verbesserungen für den Haushaltsentwurf melden kann.
Strapazieren wir das Glück nicht über Gebühr und freuen wir uns auf eine hoffentlich für die Menschen im Kreis gedeihliche, konstruktive Haushaltsberatung.
Der Dank der CDU-Fraktion gilt der gesamten Kreisverwaltung, mit dem Landrat an der Spitze für die Arbeit im zu Ende gehenden Jahr und für die außerordentliche Leistungsbereitschaft aller in dieser bewegten Zeit.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.